Der Mensch

Wir haben lange überlegt, wie wir das sehr wichtige und weite Thema „Mensch“ kurz und knapp beleuchten und warum uns der Mensch dabei motiviert, uns mit dem Thema Bauen im Bestand auseinander zu setzen. Irgendwann ist uns dann eingefallen, dass das Thema „Mensch“ eigentlich sehr schön in der 1. Kolumne einer Serie, die unserem Verband im Immobilienmanager Magazin gewährt wurde, von unserer Vorständin Anastasija Radke betrachtet wird.

Erschienen ist diese Kolumne am 29.09.2023 im Magazin 05/2023.

Zurück in die Zukunft!  Ein Mensch, der die Geschichte von Wilhelm Tell mit den Worten „Mann schießt auf Obst“ zusammenfassen würde, würde ebenso verkürzend den sozialen Kontext meiner Herkunft mit „heimatlos und gläubig“ beschreiben. Vielleicht ist genau diese Verkürzung meiner Sozialisation der Grund, warum ich sofort ja gesagt habe, als Sarah Dungs mich zu Beginn des Jahres fragte, ob ich den Verband für Bauen im Bestand e. V. mitgründen möchte. Was das einen mit dem anderen zu tun hat, fragen Sie?

Nun, wer sich heimatlos fühlt, ist permanent in der Auseinandersetzung mit der Frage nach seiner Herkunft und Geschichte. Es sind dieselben Fragen, denen wir auch im Umgang mit Bestand begegnen. Denn Bestand ist immer mehr als nur die Beschäftigung mit der physischen Gestalt einer Immobilie. Es ist zugleich auch die Auseinandersetzung mit (ihrer) Vergangenheit, mit vorangegangenen Generationen und zeitgeistigen Entwicklungen. Manchmal stehen diese Zeugen des Vorher für sich allein und manchmal bilden sie an den Straßen ein wildes Durcheinander der Jahrzehnte. Aufgezogen wie bunte Perlen auf einer Schnur.

Damit der Umgang mit Bestand zu dauerhaften und nachhaltig positiven Ergebnissen führt, muss er wertschätzend sein. Das bedeutet, wir sollten uns darum bemühen, die Gedanken unserer Vorfahren nachzuvollziehen, ihren Ursprung und die damit verbundenen anderen Bedürfnisse berücksichtigen. Denn die Menschen früher waren weiß Gott nicht dümmer als wir heute, sondern ihr Denken und das Entwickeln von Lösungen fand schlichtweg in anderen Kontexten statt. Daraus folgt für mich auch, dass wir, in die Zukunft gerichtet, unseren heutigen Zeitgeist nicht nur exklusiv an unsere Bedürfnisse anpassen, sondern so bauen sollten, dass Bedürfnisse, die wir noch gar nicht kennen, berücksichtigt werden können. Flexibilität und Offenheit sind gefragt!

Kommen wir zur Gretchenfrage: „Wie hältst du‘s mit der Nachhaltigkeit?“ Nachhaltigkeit ist mitnichten eine Mode oder ein Modebegriff. Im Kern geht es dabei, und hier kommt mein Glaube ins Spiel, um das Bewahren der Schöpfung. In unserem Kontext bedeutet das, mit Ressourcen und dem Planeten Erde sorgsam und erhaltend umzugehen. Darüber hinaus gehören für mich eben auch dazu, was als Denken und bauliches Erbe uns vorausgegangen ist. Denn wie nachhaltig ein Neubau auch immer konzipiert, realisiert und betrieben wird: Es ist in jedem Fall nachhaltiger, das zu nutzen, was schon da ist. Ähnlich fasst es die Bundestiftung Baukultur in ihrer Studie zur Bestandsentwicklung bis 2035 zusammen: „Durch Bestandserhalt können nicht nur materielle, sondern auch immaterielle Werte bewahrt und weiterentwickelt werden.“

Wofür ich werbe, ist eine veränderte Haltung zum Bauen. Ökologie und Soziales gehen zusammen. Eine nachhaltige Gesellschaft legt das Übermaß an Eitelkeit ab und agiert stattdessen vernetzt. Das bedeutet für mich, Gemeinwohl muss Vorrang gegenüber Partikularinteressen genießen. Lassen Sie uns unseren Perfektionismus bei Seite legen und all die kleinen „Ja, aber…“ der Branche im Bezug auf den Bestand klug und pragmatisch durch Austausch, Vernetzung und das Teilen von Wissen lösen. Wir müssen aus dem Reden ins Handeln kommen… und ich bin sicher, dass es schon sehr viele gute Lösungen da draußen gibt. Diese zu finden und zu bündeln, das ist unsere Aufgabe – und das Bauen im Bestand zum neuen Normal zu machen unsere Mission! Kommen Sie doch mit, auf unsere Reise zurück in die Zukunft.

Verfasserin: Anastasija Radke